Pressemitteilung
Weil´s um mehr als Geld geht! Jahresauftakt-Pressekonferenz des SVRP
Sparkassenverband blickt zum Auftakt des Wahljahres 2024 auf gesamtgesellschaftliche Herausforderungen: „Die Menschen brauchen Sicherheit!“
Wir erleben derzeit mehrere Kriege und geopolitische Spannungen. Inflation und Zinswende hetzten 2023 in einer überraschenden Schnelligkeit und in einem unerwarteten Ausmaß durch das Jahr. Unklare Rahmenbedingungen und der Mangel an Arbeitskräften führten dazu, dass im Mittelstand in 2023 deutlich weniger investiert wurde. Der Wohnungsbau ist eingebrochen, die Situation privater Haushalte mit Blick auf die Energie- und Lebenshaltungskosten angespannt.
So fasst die Verbandsleitung des Sparkassenverbandes Rheinland-Pfalz (SVRP) die aktuelle Lage auf Basis von Rückmeldungen aus den 20 rheinland-pfälzischen Sparkassen zusammen. Während in den Sparkassen an den 2023er Jahresabschlusszahlen noch gearbeitet wird, zeichne sich für 2024 bereits ab, dass die Sparkassen gemeinsam mit ihren Kunden, sowohl im privaten, als auch im gewerblichen Bereich, vor großen Herausforderungen stünden, erläutert Verbandspräsident Thomas Hirsch. „Die Menschen und Unternehmen brauchen Sicherheit“, analysiert die Verbandsleitung - und blickt dabei auf verschiedene Branchen:
Wohnungsbaufinanzierung: Signifikanter Einbruch im Darlehens-Neugeschäft
Die Dramatik zeigt sich schon in der Entwicklung der Baugenehmigungen für neue Wohngebäude in Rheinland-Pfalz, welche im ersten Halbjahr 2023 um 44 Prozent zurückgegangen waren. Damit komme man im sozialen Thema des Schaffens von Wohnraum nicht voran und sehe gleichzeitig, wie die Bauwirtschaft in Not gerate. Das bringe wirtschaftliche Verwerfungen und lasse den dauerhaften Verlust von Arbeitskräften befürchten, so Hirsch. „Leider zeigt sich, dass Beschäftigte, die aus Gründen einer Krise die Branche wechseln, nach Beendigung der Krise eher nicht zurückkommen. Das wäre für die Zukunft des Bauens in Deutschland dramatisch.“
Verbandsgeschäftsführer Roman Frank: „Das Darlehens-Neugeschäft im Wohnungsbau brach gegenüber dem Vorjahr signifikant ein, 30 Prozent weniger Kredite als im Vorjahreszeitraum wurden zugesagt. Im Privatkundengeschäft der Sparkassen, das wesentlich von der privaten Wohnungsbau-Finanzierung bestimmt wird, lag der Rückgang sogar bei 40 Prozent.“
Passgenaue Förderung: Appell an die Politik
Die private Wohnraumplanung braucht Sicherheit. Die Sparkassen unterstützen hier mit Förderberatung und den Einsatz öffentlicher Finanzierungsmittel. Im aktuell schwierigen Marktumfeld versuchen sie, für die Kunden gute und sichere Finanzierungen dazustellen und öffentliche Fördermittel einzubeziehen, erläutert Verbandsgeschäftsführer Frank die Arbeit der Sparkassen. Frank: „Wir sind dabei nicht auf den schnellen Euro aus, sondern an einer langfristigen Geschäftsbeziehung interessiert. Der Beratungsansatz der Sparkassen ist ganzheitlich, das wird auch in der neuen Geschäftsstrategie deutlich, die die Sparkassen in diesem Jahr implementieren werden.“ Verbandspräsident Hirsch ergänzt: „Wohneigentum zu erwerben, ist wesentlich mehr als „nice to have“. Es ist eine wichtige Anlageform für die private Altersvorsorge“. Und mit Blick auf die Förderung: „Um eine zuverlässige Planungsgrundlage zu bieten, ist es essentiell, dass passgenauere Förderungen bereitgestellt werden - auch gerade im Hinblick auf die Sanierung von Bestandsimmobilien.“
Einkommensgrenzen für Wohnungsbaukredite sind ein falsches Signal
Aktuelle Planungen der Bundesregierung zur Einführung einkommensabhängiger Grenzen bei der Vergabe von Krediten für Wohnimmobilien hält Präsident Hirsch für kontraproduktiv, er betont: „Die gesamte Deutsche Kreditwirtschaft (DK) hat darauf hingewiesen, dass starre, einkommensabhängige Grenzen für die Vergabe von Wohnungsbaukrediten ein falsches Signal sind.“ In einer Zeit, in der hunderttausende Wohnungen fehlten und der Wohnungsneubau nur noch auf Sparflamme liefe, würde so ohne Not massiv in die Geschäftstätigkeit und Managementkompetenz von Banken und Sparkassen eingegriffen und Verunsicherung bei allen Beteiligten geschürt.
Gesicherte Einkommenssituationen und klare Förder-Mechanismen für den Tourismus, die Landwirtschaft und die Gastronomie
Eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung sieht die SVRP-Verbandsleitung auch für die Tourismus- und die Gastronomiebranche. Gerade in Rheinland-Pfalz, wo diese Branche einen bedeutsamen Wirtschafts- und Standortfaktor darstellt. Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen der Branche gibt es mehr als 148.000 Arbeitsplätze, die an den Standort Deutschland gebunden und nicht exportierbar sind. Die Rücknahme der Mehrwertsteuer-absenkung sei für diese Betriebe eine enorme Belastung. Laut des DeHoGa-Landesverbandes seien dann 2024 in Rheinland-Pfalz 500 von 1.000 Betriebe existenzbedroht.
Aus Sicht der Sparkassen hatten es viele Gastronomiebetriebe in der Vergangenheit ohnehin wirtschaftlich schwer, seit Corona werde die Situation durch einen erheblichen Fach- und Arbeitskräftemangel zusätzlich belastet. Die Sparkassen fühlen sich der Gastronomie- und Tourismusbranche besonders verbunden. Sie sind als Bank vor Ort wertvolle Partner, kennen oft seit Generationen die Kunden. Mit ihrem Fachwissen und der Branchenkenntnis stehen sie den Gastronomen und Hoteliers zur Seite - „aber wir können die Gesetze der Mathematik nicht aushebeln; zum Überleben müssen die Gastronomen eine auskömmliche Kalkulation haben.“
„Im letzten Jahr haben unsere Sparkassen in Rheinland-Pfalz rund 4,4 Milliarden Euro
(6 Milliarden im Vorjahr) Kredite an Unternehmen und Selbständige – und damit auch an den Mittelstand vergeben. Fast 800 Millionen Euro (im Vorjahr 900 Millionen Euro) gingen davon an das Gastgewerbe“, berichtet die Verbandsleitung des SVRP.
Auch viele Betriebe der Landwirtschaft und des in Rheinland-Pfalz besonders bedeutsamen Weinbaus zählen als mittelständische Unternehmen zu den Kunden der Sparkassen. Zwar konnte die Branche ihre Ertragslage im Vergleich zur Vergangenheit grundsätzlich stabilisieren; allerdings seien überall Investitionen notwendig. „Es ist richtig und wichtig, dass die Landwirtschaft einen Strukturwandel durchläuft. Aber das wird nur gut gelingen auf der Basis gesicherter Einkommenssituationen und verlässlicher Fördermechanismen, die auf die jeweilige Situation der Betriebe ausgerichtet sind“, so Hirsch.
Debatte um Pflichtversicherung: Versicherer der Sparkassen positionieren sich
Für Sicherheit sorgen auch die Versicherungen der Sparkassen-Finanzgruppe, die als öffentliche Versicherungsunternehmen (öVU) im gesamten Bundesgebiet präsent sind. Die drei größten Unternehmen dieser Gruppe – die Versicherungskammer Bayern, die Provinzial und die SV SparkassenVersicherung – sind alle, aufgeteilt in Geschäftsgebiete, in Rheinland-Pfalz tätig. Dementsprechend ist der SVRP als einziger deutscher Sparkassenverband auch an allen drei großen öffentlichen Versicherungsunternehmen beteiligt.
Sicherheit ist im Versicherungswesen das zentrale Thema. Ganz aktuell rückt, durch die Hochwasserereignisse in vielen Regionen Deutschlands, der Fokus wieder auf die Wichtigkeit (und Möglichkeit) der Absicherung dieser Gefahren. „Wer sich gegen solche Schäden absichern möchte, kann eine zusätzliche Elementarschaden-Versicherung abschließen, was in Rheinland-Pfalz bei knapp der Hälfte der Eigentümer der Fall ist. Das sollte mit Blick auf die Risikolage mehr werden“, unterstreicht Hirsch und teilt somit die Zielsetzung der Bundesregierung und der öffentlichen Versicherer zu einer deutlichen Steigerung der Versicherungsdichte.
Die Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung lehnt man beim SVRP gemeinsam mit den öffentlichen Versicherern jedoch ab. Vielmehr hat die Versicherungsbranche vorgeschlagen, den Versicherungsschutz für private Hauseigentümer obligatorisch in die Wohngebäudeversicherung einzuschließen „mit der Möglichkeit der Abwahl, dem sogenannten Opt-Out-Modell“, beschreibt Hirsch.
Restschuldversicherung braucht keine zeitliche Entkopplung
Der sozialen Absicherung dienen auch Restschuldversicherungen für Verbraucher. Mit dem Abschluss von Restschuldversicherungen zum Beispiel können Darlehensnehmer ihre Risiken verringern. Die Bundesregierung steht nun davor, eine zeitliche Entkopplung des Darlehensvertrages und der Restschuldversicherung einzuführen. Der DSGV hat sich gemeinsam mit der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) und auch der Versicherungswirtschaft immer wieder gegen die Einführung einer solchen Phase ausgesprochen. Verbandspräsident Hirsch: „Warum? Der Teufel ist bekanntlich ein Eichhörnchen, wie man im Sprichwort sagt. Und was kann in einer cool down-Phase nicht alles passieren. Den Kunden wird damit ein unnötiges Risiko aufgebürdet“.
Superwahljahr 2024
Kommunalwahlen, Landtagswahlen, Europawahl: Viele deutsche Bürgerinnen und Bürger sind 2024 gleich mehrere Male dazu aufgerufen, wählen zu gehen. In Rheinland-Pfalz finden die Europawahl und die Kommunalwahlen zeitgleich statt. Die Kommunalwahlen haben eine große Bedeutung für die Sparkassen, denn die kommunalen Gebietskörperschaften sind deren Träger. Thomas Hirsch: „Für unsere Sparkassen ist das ein wichtiges und bedeutendes Jahr, da die Wahlergebnisse maßgeblich sind für die Zusammensetzung der Verwaltungsräte und damit auch Auswirkungen auf die Politik der Sparkasse vor Ort haben können.“ Die Bürgerinnen und Bürger prägen an der Wahlurne nicht nur die politische Ausrichtung ihrer Kommune, sondern auch, wie die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgestaltet wird.
Nie wieder ist jetzt!
Der neue Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes in Berlin, Prof. Dr. Ulrich Reuter, fasste ein seiner Rede Anfang dieser Woche treffend zusammen: „Unser Land steht vor einschneidenden Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und in der Politik. Die Sparkassen sind dabei natürlich parteipolitisch neutral, wir haben aber klare Wertvorstellungen. Wir sind deshalb nicht neutral, wenn es um Respekt für andere Menschen geht. Für Demokratie, für Grundrechte für alle Menschen, für Meinungsfreiheit. Gegen Ausgrenzung, gegen Hass und Hetze.“ Der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz schließt sich dieser Aussage voll und ganz an. „In unseren Sparkassen, in unserer Finanzgruppe, in unserem Land, darf kein Platz für Hass, Diskriminierung und Antisemitismus sein“, bestärkt Hirsch Reuters Aussage und weist auf die Kampagne „Nie wieder ist jetzt!“ hin, die der SVRP aktiv unterstützt. So gab es eine Online-Veranstaltung am 9. November 2023, an der mehr als 1.000 Sparkassen-Mitarbeitenden teilnahmen.
Vorläufige Geschäftszahlen 2023
Zum Zeitpunkt der Pressekonferenz lagen endgültige Zahlen zum Geschäftsjahr 2023 der rheinland-pfälzischen Sparkassen noch nicht vor. Dennoch lassen die Daten zum 31.12.2023 Trends erkennen. So sehen die rheinland-pfälzischen Sparkassen im Einlagengeschäft die Auswirkungen der Inflation und des Zinsanstiegs. Kundinnen und Kunden haben Teile ihres Einlagenbestandes aufgebraucht oder aber in länger laufende Sparformen und festverzinsliche Wertpapiere umgeschichtet, fasst Verbandsgeschäftsführer Frank zur Geschäftsentwicklung der rheinland-pfälzischen Sparkassen zusammen.
Im Wertpapiergeschäft verzeichneten die rheinland-pfälzischen Sparkassen einen deutlichen Anstieg des Nettoabsatzes. Die Belastungen der Sparkassen aus dem eigenen Wertpapiergeschäft im Jahr 2022 werden im Jahresabschluss 2023 bereits zu einem Teil wieder aufgeholt werden, so Frank. Im Gegenzug erwartet Frank allerdings, dass das Bewertungsergebnis im Kreditgeschäft auf Grund der schwierigen Wirtschaftslage deutlich ansteigt. „Die Sparkassen haben in den vergangenen Jahren ihre Reserven ausreichend gestärkt, um auf solche Situationen vorbereitet zu sein“, so Frank.
Prognose: schwierige Ertragslage in 2024
Mit Blick auf das kommende Jahr führt Frank aus, dass das Spannungsfeld adäquate Zinsen im Kreditgeschäft vereinbaren und gleichzeitig auch attraktive Konditionen für die Anleger bieten zu können, die Ertragslage beeinflussen wird. Hinzu kämen, bei einer weiterhin schwachen Konjunktur ggf. weitere Risiken im Kreditgeschäft, die sich zusätzlich auf das Ergebnis auswirken könnten.
Der Blick nach innen:
Attraktiver Arbeitgeber – der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz
Über 10.000 Beschäftigte sind bei den Sparkassen im Verbandsgebiet angestellt. Zunehmend allerdings macht der Fachkräftemangel auch bei den Sparkassen Probleme, alle notwendigen Stellen zu besetzen. Zu den Maßnahmen, um dem entgegenzutreten, zählen Berufsangebote auch für Seiteneinsteiger, die beispielsweise über die Sparkassen-Akademie des Verbandes eröffnet werden. So bietet der SVRP zum Beispiel mit dem Format Seitenseinstieg.DIGITAL eine Weiterbildung gezielt für Quereinsteierinnen und Quereinsteiger an. Aktuell nutzen 210 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet diese Möglichkeit des Quereinstiegs und schaffen sich mit dem Abschluss Sparkassenkaufmann (m/w/d) neue Karriereperspektiven.
„Sinnvolle Arbeit, gutes Management, positive Arbeitsumgebung, klare Entwicklungs-möglichkeiten und Vertrauen in Führung – das sind die grundlegenden Bausteine von Arbeitgeberattraktivität“, weiß Verbandspräsident Hirsch und damit könne die Sparkassen-Finanzgruppe gut punkten. Dennoch seien zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um gerade auch in Zeiten steigender Regulatorik ausreichend Beschäftigte zu haben.
Mehr Frauen in den Führungspositionen der Sparkassen!
Als zentrales Thema im Personalmanagement müssen die Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen in der Organisation verbessert werden. „Deutschland ist vielfältig und divers. Unsere Sparkassen auch. Die Menschen erwarten aus diesem Grund, dass sich dies in den Führungsebenen und Vorständen unserer Sparkassen widerspiegelt. Hier haben wir in Rheinland-Pfalz Nachholbedarf“, beschreibt Hirsch die aktuelle Lage. Der Verband hat deswegen ein Mentoring-Programm aufgelegt, das in diesem Jahr startet. Frauen sollen dabei auf ihrem Weg in die Führungsebenen der Sparkassen-Finanzgruppe begleitet werden; zugleich gilt es, ständig Hemmnisse für die beruflichen Karrieren von Frauen abzubauen. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig, durch gelebte Diversität in den Führungsebenen von unterschiedlichen Perspektiven zu profitieren“, so der Verbandspräsident.
Termin Bilanzpressekonferenz: 15.03.2024
Über die Ergebnisse des Geschäftsjahrs 2023 der rheinland-pfälzischen Sparkassen berichten wir umfassend in unserer Bilanzpressekonferenz am 15. März 2024.
Verbandspräsident Thomas Hirsch und Verbandsgeschäftsführer Roman Frank
Kontakt
Carina Partenheimer
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